Die Angst vor dem Virus

Das Coronavirus stört nicht nur unseren Alltag, es löst auch Ängste aus. Wie können wir damit umgehen?

By Fräulein Lama

Liebe Lesende,

Das Coronavirus ist auch deshalb für uns herausfordernd, weil es unser Sicherheitsgefühl massgeblich stört. Auf einmal ist da ein Feind, den wir nicht sehen können und der unsere Gesundheit bedroht. Jeder und jede von uns hat zudem wahrscheinlich im näheren Umfeld Menschen, die zur Risikogruppe gehören. Auch um die machen wir uns Sorgen. Und so ist es kein Wunder, dass viele von uns gerade Angst haben. Als Hypochonderin bin ich mir Krankheitsängste gewöhnt. In den letzten Jahren habe ich gelernt mit diesen umzugehen und mir einige Strategien zurechtgelegt, die mir helfen, sie in den Griff zu bekommen.

Wichtig: Ich bin keine Psychologin, was ich euch hier gebe, sind lediglich Tipps, die euch helfen können, wenn die Coronaangst in euch gerade überbordet. Leidet ihr generell unter einer Angststörung, dann holt euch professionelle Hilfe!

Tipp Nummer 1: Informier dich – aber gezielt!

Es ist natürlich jetzt verführerisch, den ganzen Tag Internetartikel zu lesen, in denen ausführlich über das Coronavirus berichtet wird. Zurzeit findet ihr alles: Statistiken, Corona – Tagebücher, Horrorszenarien, Verharmlosungen, wilde Verschwörungstheorien, persönliche Meinungen von Politiker*innen und natürlich zahlreiche Kommentare von Journalist*innen. Glaubt mir, es hilft euch nicht, wenn ihr euch das alles durchlest, im Gegenteil. Am Ende seid ihr nur verwirrt oder im schlimmsten Fall sogar verstört. Holt euch Sachinformationen von seriösen Quellen, zum Beispiel über die SRF – Seite (www.srf.ch) oder über die offizielle BAG – Seite (www.bag.admin.ch). Letztere – und nur die - solltet ihr vor allem dann konsultieren, wenn ihr rausfinden wollt, ob ihr Symptome habt. Vermeidet Medien, die mit sehr viel Emotionalität arbeiten wie 20 Minuten oder Blick. Statt Infos bekommt ihr hier eher eine Gratisportion Panik – und die könnt ihr definitiv nicht brauchen, wenn ihr euch sowieso schon ängstlich fühlst.

Tipp Nummer 2: Glaubt nicht alles, was im Internet steht

Das gehört eigentlich noch zu Tipp 1. Menschen neigen dazu, etwas zu glauben, nur weil es geschrieben steht. Das gilt auch fürs Internet. Nur, Papier ist geduldig und nimmt alles an. Das Internet ist genauso – es nimmt nicht nur jeden Quatsch an, es saugt ihn auch auf und speichert ihn ab. Deshalb: Nur weil irgendein Wirrkopf in einem Artikel behauptet das Virus werde vor allem von Haustieren übertragen  oder Corona verlaufe in 99 Prozent tödlich, heisst das nicht, dass es auch stimmt. Meidet vor allem auch die Kommentarspalten im Internet, wo irgendwelche Hobby – Virologen eigene Berechnungen anstellen  oder ein Schamane verkündet, sein linker Zeh sage ihm, das Virus sei eine Strafe Manitous. Und ja, ich bin mir des Widerspruchs durchaus bewusst, in einem Blog vor Internetbeiträgen zu warnen…

Tipp Nummer 3: Gebt eurem Alltag Struktur

Vielen von uns ist der normale Tagesablauf komplett weggebrochen, weil unser Geschäft die Tore geschlossen hat und wir kein Homeoffice machen können. Vielleicht gehört ihr auch dazu. Auch das ist nicht unbedingt hilfreich, denn dadurch fehlen uns Abwechslung und Ablenkung, das heisst, wir können uns noch mehr mit unseren Ängsten beschäftigen. Deshalb ist es wichtig: Auch wenn ihr gerade nicht zur Arbeit müsst, strukturiert euren Tag! Gammelt nicht den ganzen Tag im Pyjama auf dem Sofa rum (auch wenn ich das ehrlich gesagt, durchaus gerne tue), sondern nehmt euch konkrete Aufgaben vor. Wohnung putzen, Bücherregal sortieren, ausmisten, Steuererklärung ausfüllen, Rechnungen abheften, Kuchen backen, Stricken, Nähen, Zeichnen, Fotos bearbeiten, Tagebuch schreiben – es gibt viele Tätigkeiten, mit denen ihr eure Tage füllen könnt. Nehmt euch für jeden Tag etwas vor. Schreibt To – Do Listen. Oder eigene Arbeitspläne. Das hilft. Esst regelmässig. Duscht euch. Zieht euch an. Wie ihr es auch tun würdet, wenn ihr arbeiten würdet. Das hilft enorm.

Tipp Nummer 4: Bewegt euch

Ich gebe es ungern zu – weil ich ein passionierter Sportmuffel bin – aber Bewegung hilft tatsächlich, wenn man trüber Stimmung ist. Natürlich: Wenn ihr joggen hasst (so wie ich) und jedes Mal wie eine halbtote Kakerlake nachhause kriecht (so wie ich), dann müsst ihr jetzt nicht damit anfangen. Aber ihr könnt zum Beispiel ein paar einfache Fitnessübungen machen (wobei die meisten Fitnesscoaches auf Youtube eine andere Definition von ‚einfach‘ haben, als ich, wie ich hier anmerken möchte) oder Yoga (wobei ich mir gestern beim Versuch fast den Hintern ausgerenkt habe). Oder ihr geht einfach spazieren. Das ist noch erlaubt, sofern ihr alleine oder mit einer Personen aus dem eigenen Haushalt unterwegs seid.

Oder ihr dreht einfach die Musik auf und tanzt eine Runde, egal wie es aussieht. Angst wegtanzen oder ausschwitzen ist auf jeden Fall eine gute Taktik die eigene Unruhe zu bezähmen und dem Körper was Gutes zu tun.

Tipp Nummer 5: Sprecht über eure Ängste

Glaubt mir, gerade jetzt seid ihr mit euren Ängsten und Befürchtungen nicht alleine. Wenn ihr also mit euren Freunden und Freundinnen telefoniert oder mit nahen Verwandten, dann sprecht auch über eure Sorgen. Ihr werdet feststellen, dass es den anderen ebenso geht. Wenn ihr euch Sorgen um jemanden macht, weil er oder sie sich nicht an die Vorgaben hält, dann thematisiert das dieser Person gegenüber auch. Generell gilt: Haltet den Kontakt mit eurem Umfeld, auch wenn ihr euch gerade nicht zu nahe kommen dürft.

Wenn ihr mehrere Personen im selben Haushalt seid, dann wird das Virus wahrscheinlich sowieso Thema sein und ihr könnt eure Ängste platzieren. Allerdings: Der Schuss geht natürlich nach hinten los, wenn ihr euch gegenseitig noch anheizt, statt zu beruhigen. Also, achtet auch hier auf eine ruhige, sachliche und faktenbasierte Kommunikation.

Tipp Nummer 6: Gönnt euch coronafreie Zeiten

Klar, das Virus ist ständig präsent und hat vermutlich gerade eine feste Wohnung in unsere Hinterköpfe bezogen. Dennoch müsst ihr euch jetzt nicht 24 Stunden ausschliesslich mit Corona beschäftigen. Gönnt euch bewusst Zeiten, in denen ihr dem Virus aus dem Weg geht. Schaut euch ab und zu auch einen Film an, statt eine Coronasondersendung. Lest ein spannendes Buch. Oder tut etwas, was euch zum Lachen bringt, sei es, eure Lieblingssitcom anzugucken oder – wenn ihr nicht alleine zuhause hockt – ein Spiel spielen.

Checkt nicht alle zehn Minuten den Liveticker, ob es schon neue Meldungen gibt. Glaubt mir, das macht euch nur irre – ich hatte letzte Woche so eine Phase und war danach hochgradig paranoid. Also: Bringt euch morgens und abends auf den neuesten Stand, das reicht vollkommen. Oder seht euch die Pressekonferenzen des Bundes an, da bekommt ihr nüchterne Informationen von kompetenten Menschen.

Tipp Nummer 7: Alles geht vorbei

Es gab eine Zeit vor Corona. Es wird auch eine Zeit nach Corona geben. Zurzeit können wir uns das schwer vorstellen, weil wir mitten drin stecken. Es ist aber so. Deshalb, seht positiv in die Zukunft. Überlegt euch, was ihr alles wieder machen könnt, wenn das alles vorbei ist und freut euch, auf viele gemeinsame Stunden mit euren Freunden, auf schöne Konzerte, auf wilde Partys und spannende Fussballspiele (falls es die tatsächlich gibt). Und sorgt so dafür, dass die Vorfreude eure Angst ein bisschen überlagert.

Versteht mich nicht falsch. Ich meine damit nicht, dass ihr jetzt alle so tun solltet, als sei nichts, im rosaroten Wolkenhimmel schwebt und alle Hygienemassnahmen in den Wind schlagt. Im Gegenteil, in diesen Zeiten ist es sicher richtig auf sich und seinen Körper zu achten. Vorsicht ist super – Angst eher kontraproduktiv. Wenn ihr gar nicht mehr klarkommt, holt euch Hilfe bei einem Psychologen oder einer Psychologin. Oder sucht euch einen Coach. Oder meldet euch beim Sorgentelefon. Oder bei eurer Kirche. Macht euch bewusst, auch wenn wir uns gerade nicht zu nahe kommen dürfen: Ihr seid nicht allein.

 

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