Unter lauter Impfwilligen
So, auch der 2. Schuss sitzt. Nun ist meine Grundimmunisierung gegen SarsCoV2 abgeschlossen. Bei regnerischem Wetter marschierte ich letzte Woche frohgemut zum hiesigen Impfzentrum. In der alten Mühle wird nicht nur für jung und alt fein gekocht, sondern seit einigen Monaten auch im Akkord gegen Corona geimpft. Ein Sicherheitsdienst regelt den Verkehr auf dem grossen Parkplatz in der Wuhr. Leute strömen aus allen Richtungen in das Langenthaler Traditionshaus. Mit einem freundlichen Grüessech empfängt mich am Eingang eine Mitarbeiterin von Securitas. Sie kontrolliert meine Zutrittsberechtigung und leitet mich weiter zur Messung der Körpertemperatur. Von dort geht’s zu einem der vielen Check-in Schalter. Wo sind nun meine Papiere, die Krankenkassenkarte, der Sicherheitscode? Uff, alles ist dabei. Es folgt nochmals eine kurze administrative Kontrolle, dann bin ich schon im Warteraum. Kaum abgesessen, weist mich die nächste Dame in eine freie Impfkoje. Nun bin ich dem Ziel, meinem Immunsystem den benötigten Input zu liefern, schon sehr nahe. Ruhig aber gut gelaunt, fragt mich die Mitarbeiterin nach Namen, Geburtsdatum und aktueller Befindlichkeit. Darauf gibts den kaum spürbaren, aber sehnlich erwarteten 2. Piks. Ein Pflästerli auf die Impfstelle, das Zertifikat in die eine und den Timer in die andere Hand. Im Kontrollraum warte ich eine allfällige allergische Sofortreaktion ab, nichts passiert. Bis zum Schrillen des Weckers bleibt Zeit für einige Gedanken. Ich denke zurück an die Situation im Frühling 2020. Es war mir damals nicht bewusst, wie lange uns die Pandemie noch beschäftigen wird. Die Meinungen der Fachleute gingen bekanntlich weit auseinander. Mein virologisches und epidemiologisches Basiswissen war zwar nicht mehr ganz frisch, liess mich aber vermuten, dass das Virus in den kommenden Monaten eher an Virulenz und damit an Bedeutung verlieren wird. Die Vermutung war v.a. Hoffnung, denn zu diesem Zeitpunkt schien es wenig wahrscheinlich, dass bald wirksame und verträgliche Impfstoffe zur Verfügung stehen würden. Erstaunlicherweise konnte dann schon im Januar 2021 mit der landesweiten Impfkampagne gegen das heimtückische Virus begonnen werden. Mein Aufenthalt im Impfzentrum war kurz, der vereinbarte Termin wurde auf die Minute genau eingehalten, das Personal arbeitete ruhig und war stets hilfsbereit und freundlich. Die sog. Impfwilligen befolgten ohne zu murren die Anweisungen, schienen zufrieden und vermutlich auch dankbar, dass mit der Impfung die gesundheitliche Bedrohung abnimmt und das post-pandemische Leben in Reichweite ist. Meine zwei Besuche in der alten Mühle waren ein wohltuender Kontrast zum medialen Lärm in den letzten Monaten.
Besserwisser:innen, libertäre Massnahmenverweiger:innen, Impfskeptiker:innen, Bill Gates-Hasser:innen, Verschwörungstheoretiker:innen, BAG - und Bersetbeschimpfer:innen sowie politisch missbrauchte Treichlenschwinger:innen waren hier keine anzutreffen.
Langsam scheint sich die Lage nicht nur epidemiologisch sondern auch emotional zu beruhigen. Ich wage die Prognose, dass dereinst das Urteil über die schweizerische Corona-Politik eher etwas wohlwollender ausfallen wird. Einige haben doch einen gute Job gemacht. Nun bleibt die Hoffnung, dass möglichst viele Bürger:innen das Impfangebot annehmen und so ihren Beitrag zur Immunisierung der Bevölkerung leisten. Gemäss Aussagen von Fachleuten müssen wir eine Impfrate von ca. 80% erreichen. Wenn sich die erwachsene Bevölkerung verantwortungsvoll und solidarisch verhält, kann dies erreicht werden. So wäre es vielleicht möglich, die Impfung der Kinder eher defensiv anzugehen.
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